»PH 5« von Poul Henningsen

150 Jahre Louis Poulsen, 65 Jahre PH 5 Pendelleuchte von Poul Henningsen! Kein Grund für die seit 1958 nahezu gleich von Louis Poulsen produzierte Pendelleuchte in Rente zu gehen, besticht die verschachtelte Schönheit auch heute noch in einem blendfreien, zeitlosen Design.

von

Natalie Glebe, Maren Tünker

Veröffentlicht am:

February 12, 2024 00:00

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Kann eine Leuchte Spaß und glücklich machen? Das mag vielleicht oberflächlich klingen, aber ja, sie kann. Sie kennen das bestimmt auch bei manchen Dingen: Sobald man sie sieht, muss man lächeln, erfreut sich daran und ist froh, dass man sich genau dafür entschieden hat. Genau das empfinden wir auch bei der »PH 5«. Wie und warum Poul Henningsen die PH 5 entwickelt und designt hat, erfahren Sie hier.

Man kann wohl sagen, dass Poul Henningsen die Designikone schuf, weil er genug hatte von der ständigen Veränderung von Form, Größe und greller Helligkeit der Glühbirnen. Ein Glück für uns! Als die PH 5 eingeführt wurde, schrieb er Folgendes: »Nach 33 Jahren grundsätzlich christlichem Verhalten bin ich in Bezug auf mein zerrüttetes Verhältnis zu den Herstellern von Glühbirnen sozusagen zum Islam konvertiert. […] Ich habe das Schicksal akzeptiert und mit der Zustimmung von Louis Poulsen eine PH-Leuchte entworfen, die mit jeder Art von Leuchtmittel – Lichterkette oder 100-Watt-Metallfadenlampe – verwendet werden kann. Obwohl eine Leuchtstoffröhre in der bestehenden Form dann doch zu viel wäre!« Neben dem praktischen Grund wollte er außerdem die Farbwiedergabe des Leuchtmittels verbessern. Um die Farben im Bereich des Lichtspektrums zu ergänzen, den das Auge am schlechtesten wahrnimmt, nutzte er rote und blaue Reflektorringe. Im mittleren gelb-grünen Bereich, in dem das Auge am empfindlichsten ist, wurde das Licht so gleichzeitig gedämpft. Der Name der Leuchte rührt übrigens von den Initialen ihres Designers und dem Durchmesser von 50 cm des größten Schirms: PH 5.

Die Schönheit der PH 5 liegt nicht nur im Auge des Betrachters, sondern ist auch mathematisch und rational begründet. Die Konstruktion besteht aus Henningsens revolutionärem Dreischirm-System, das auf der logarithmischen Spirale beruht und so eine sanfte, angenehme und einladende Beleuchtung ermöglicht. Die logarithmische Spirale ist eine Fibonacci-Folge, bei der sich mit jeder Umdrehung um ihren Mittelpunkt der Abstand von diesem Mittelpunkt um den gleichen Faktor verändert. Lebende Beispiele in der Natur finden sich auch in Schneckenhäusern wieder. Wie auch beim Goldenen Schnitt, bei dem Teile und das Ganze in Verhältnis gesetzt werden, also die Proportionen objektiv optimal sind, empfinden wir auch »Dinge«, die der logarithmischen Spirale entsprechen, als mindestens angenehm, wenn nicht sogar schön. Zusammen ergibt das dieses mathematisch berechnete, blendfreie Leuchtensystem, das nicht nur in der PH 5 Anwendung findet, sondern auch in weiteren PH-Leuchten. Egal, in welche Höhe die Pendelleuchte gehängt wird, sie blendet nie und schafft ein angenehmes, gemütliches »hygge« Licht. Unbeleuchtet gleicht die PH 5 einer eleganten Skulptur und strahlt dann doch irgendwie.

Hues of Blue, Red oder Rose nennt Louis Poulsen die Farbvarianten der PH 5. Das klingt so leicht und zurückhaltend und geht Hand in Hand mit dem Konzept einer sanften Beleuchtung. Die Lampenschirme haben jeweils einen anderen Farbton innerhalb einer Farbfamilie und erzeugen so einen Farbverlauf von kräftig bis pastellig, unterbrochen von einer kontrastierenden Farbe des Reflektorrings. Blau bei Classic White und Hues of Orange. Grün bei Hues of Red und Rose. Rot bei Hues of Green und Blue. Rosé bei Hues of Grey und Modern White. Die PH 5 kam 1958, also vor 63 Jahren (!), auf den Markt, wurde aber bis heute kaum verändert und hat so ihren besonderen Charme erhalten. Klassisch modern und zeitlos im Midcentury Style und somit gerade heute so aktuell wie nie.

»The technician should never forget that he is an artist, the artist never that he is a technician.«

Poul Henningsen

Poul Henningsen - der Meister des Lichts

Poul Henningsen wurde 1894 in Kopenhagen als Sohn der berühmten dänischen Schauspielerin Agnes Henningsen geboren und wächst im weichen Schein der Petroleum-Beleuchtung auf. Seine Leidenschaft für Lichttechnik entstand schon früh: Im Jahr 1907 erblickte Poul Henningsen zum ersten Mal elektrisches Licht und machte es sich ab da zur Lebensaufgabe, dieses Phänomen zu beherrschen und zu verfeinern. Von 1911 bis 1917 studierte er Architektur in Frederiksberg und Kopenhagen, ist aber viel zu sehr mit Denken, Diskutieren und Schreiben über die politische Situation beschäftigt und bricht sein Studium ab. Daraufhin versuchte er sich als Maler und Erfinder und war eifriger Verfechter des Funktionalismus. Die lebenslange Partnerschaft mit Louis Poulsen begann 1924. Angetrieben vom ihn ärgernden, unangenehm blendenden und immer heller werdenden Licht der Glühlampe entstand bereits zwei Jahre später sein blendfreies Dreischirm-System.

Auch wenn Poul Henningsens Entwürfe heute als klassisch angesehen werden, galt der Designer als unkonventioneller Denker mit rebellischer Ader. Er neigte immer eher dazu, mit der Tradition zu brechen, als mit der Strömung zu schwimmen. Sein oberstes Prinzip war, das Licht so zu gestalten, dass es Räumen und Menschen Wärme verleiht. Außerdem waren ihm Natürlichkeit und Einfachheit im Leben sehr wichtig. Daher kam wohl auch der Drang, eine Leuchte für jedes Leuchtmittel und für jedermann zu entwerfen. Man merkt einfach, dass er seinen Beruf, oder besser seine Berufung, geliebt und gelebt hat, eben Leuchten für die Ewigkeit zu schaffen. Poul Henningsen starb 1967 im Alter von 72 Jahren. Im neuen Jahrtausend taucht der dänische Hersteller Louis Poulsen die »PH 5« nicht nur in entzückende Farbkombinationen oder schlichte monochrome Versionen, sondern verkleinert maßstabsgetreu das beliebte Design zur »PH 5 Mini« mit nur 30 Zentimeter Durchmesser. Folglich hängt die »Mini« gerne zu zweit überm Esstisch, macht sich aber auch schick als hängende Nachttischleuchte oder Spiegelleuchte.

Louis Poulsen 

Louis Poulsen kann auf  über 140 Jahre Geschichte zurückblicken. Seit jeher steht die Zusammenarbeit mit bedeutenden Designern und Architekten im Vordergrund: Neben Poul Henningsen zählen dazu auch Arne Jacobsen, Verner Panton, Louise Campbell und Clara von Zweigbergk. Dabei sind viele Ikonen entstanden, die zeitlos, klassisch oder auch modern sind, wie eben die PH 5, aber auch die PH Artichoke und die AJ Serie. Die Förderung der Visionen und Ideen der Designer und Architekten war und ist Louis Poulsen immer wichtig gewesen, weshalb auch die PH 5 nur minimal angepasst wurde (Fassung, Farben) und somit den Zeitgeist bewahren konnte. Die Beleuchtungsphilosophie steht für einfaches und ansprechendes Design, das dem Licht Form verleihen soll. Das Ziel ist, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, in der sich Menschen wohl fühlen und positiv beeinflusst werden.

Quellen:
Louis Poulsen, URL: https://www.louispoulsen.com (zuletzt aufgerufen am 27. Mai 2019).
Phillips Auktionen, URL: https://www.phillips.com/article/5689896/the-lights-of-poul-henningsen (zuletzt aufgerufen am 27. Mai 2019).
Wikipedia, Goldener Schnitt, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Goldener_Schnitt (zuletzt aufgerufen am 4. Juni 2019).
Wikipedia, Logarithmische Spirale, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Logarithmische_Spirale (zuletzt aufgerufen am 4. Juni 2019).
Wikipedia, Poul Henningsen, URL: https://de.wikipedia.org/wiki/Poul_Henningsen (zuletzt aufgerufen am 27. Mai 2019).

Bildrechte:
© Louis Poulsen (www.louispoulsen.com).

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